Schon am Kinderbett von Anna Thalbach spielten sich Dramen ab. Ihre schauspielernde und literaturbegeisterte Familie machte aus jedem Buch ein Theaterstück.
Ich war sechzehn, als ich von Sexus, Plexus und Nexus gelesen habe, davor habe ich Bukowski gelesen. Und ich war sehr eifersüchtig, dass meine Mutter die einlesen durfte fürs Hörbuch. Das war fies. Es trifft mich tief ins Herz. Und das ändert sich nicht, wenn ich das Buch schon gut kenne. Die Kleine geht nach Haus, und der Wolf darf in Ruhe gesund werden. Als ich ein kleines Mädchen war, erschien die Reihe von „Der kleine Vampir“. Die hab ich geliebt und verschlungen. Sie bittet den Rosenbusch, ihr eine Blüte zu schenken, dafür aber muss sie die ganze Nacht lang für ihn singen und ihr Herz an seine Dornen pressen, damit die Blüte ihre Farbe erhält. Ihr Lied erklingt, bis sie stirbt und die Rose vollendet ist. Und alle sollten das Buch gelesen haben. Eines meiner ersten Favoriten war ein Buch aus den Fünfzigern aus Italien. Ein Kinderbuch über Politik, ein Buch über Aufstand und Gerechtigkeit, ein Buch, das Autoritäten hinterfragt. Sie liebt das Schaurig-Schöne. Ich mag die frühen Sachen von Stephen King, H. P. Lovecraft, Clive Barker, Poe und Ambrose Bierce, seit ich ein Teenager bin. Und es erfasst mich immer mit derselben Wucht. Ich fühle es sozusagen. Hat meine Mutter erzählt. Von da an konnte ich nicht mehr aufhören. Die Liebe zur Sprache war gesetzt. Die Straße glüht. Es ist Sommer in Berlin-Mitte. Wir treffen uns in einem Café, das wir selbst gern gegründet hätten. Man kann essen und einen Verlängerten trinken und alte Bücher kaufen.