Börse

2022 - 2 - 14

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Image courtesy of "BÖRSE am Sonntag"

Kaufen, wenn die Kanonen donnern? (BÖRSE am Sonntag)

Offenbar ist in Krisenfällen die Kauflust der Anleger doch nicht so groß, wie der Spruch von den donnernden Kanonen unterstellt. Tatsächlich aber gilt: ...

Die Reaktionen der Märkte auf den Wahlsieg Joe Bidens beweisen, wie kurz die Beine der Börse sind. Allerdings gibt es Ausnahmen von der generellen Ruheregel, und die passieren dann, wenn die Politik Entscheidungen trifft, die direkt auf börsennotierte Unternehmen durchschlagen. „Und nicht nur die Häufigkeit der politischen Interventionen nimmt zu, sondern auch die Intensität, mit der die Märkte darauf reagieren, positiv wie negativ.“ Spiegelbildlich dazu ist eine Flucht in sichere Häfen zu erwarten, was den Goldpreis weiter beflügeln dürfte. Ein Ansturm auf erstklassige Schuldner könnte die Renditen für zehnjährige US-Bonds und deutsche Bundesanleihen um 0,2 Prozentpunkte drücken. Denn dann werden in der Regel die letzten erforderlichen Konsolidierungen der Legislaturperiode durchgezogen. André Kostolany sagte einst: „Staatsbankrott? Bankenkrisen? Darauf gibt es nur eine Antwort: Viel Lärm um nichts!“ Und Ukraine-Krise hin, Brexit her – es sieht ganz so aus als habe der Altmeister noch immer Recht. Natürlich werde niemand ernsthaft behaupten, dass politische Entscheidungen grundsätzlich keine langfristigen Auswirkungen auf die Börsen haben, schreibt Finanzbuchautorin Schwarzer. Politik und Finanzmärkte seien in den vergangenen Jahrzehnten immer enger zusammengewachsen. Und manchmal ist es richtig antizyklisch zu investieren, also zu kaufen, wenn alle anderen entsetzt der Börse den Rücken kehren und die Kurse fallen. September mit dem Angriff von Terroristen auf die USA war ein epochales Ereignis, Anleger machten daraus allerdings keine große Nummer. Der deutsche Börsenindex Dax brach innerhalb von Stunden um 8,5 Prozent ein, um sich dann innerhalb von acht Wochen wieder auf sein vorheriges Niveau zurückzukämpfen. Die große Weltpolitik - sie hatte die deutschen Standardwerte nur kurz belastet. Der Dax reagiert auf die Entspannungssignale an der ukrainischen Grenze mit einem Ausfallschritt nach oben. Die Finanzbuchautorin Jessica Schwarzer hat jüngst in ihrem Buch „Sell in may and go away“ Börsenweisheiten von Rothschild bis zu Investorenlegende André Kostolany auf ihre Haltbarkeit abgeklopft und kommt beim Spruch über die donnernden Kanonen zu einem ernüchternden Ergebnis: „Politische Ereignisse bringen die Märkte nur kurz aus dem Tritt.“ Sie hält dem Bankier aus dem 19. Einige Tage später – die Putschisten waren zur Aufgabe gezwungen worden, Gorbatschow war nach Moskau zurückgekehrt – hatte der Dax sich wieder erholt. Immerhin 1,6 Prozent ist es heute mit dem Dax bergauf gegangen, als sich andeutete, dass im Ukraine-Konflikt die Zeichen möglicherweise auf Entspannung stehen.

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